Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage

Wir, die Anne-Frank-Schule in Raunheim, sagen NEIN zu Mobbing, Ausgrenzung, Diskriminierung oder Rassismus.

Seit dem 4. Juni 2018 ist die Anne-Frank-Schule Teil des Netzwerkes „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“. Um den Titel von der Anne-Frank-Bildungsstätte zu erhalten und um mit der Weiterarbeit fortzufahren, mussten wir zunächst 70% der Schülerschaft von diesem Vorhaben überzeugen und ihre Unterschriften einholen. Dies schafften wir mühelos, da wir uns schnell einig waren, eine solche Schule werden zu wollen.

Was verbirgt sich dahinter?

Das bundesweite Netzwerk wird von der Bundeszentrale für politische Bildung, dem Bundesjugendministerium und der GEW gefördert. Mittlerweile besuchen rund eine Million Schülerinnen und Schüler in Deutschland bereits eine Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage.

In unserem fortwährend aktualisierten Konzept halten wir konkret fest, was für uns eine Schule ist, die rassismuskritisch arbeitet. Unser Ziel ist es, dass ein gemeinsames Verständnis in der Schulgemeinde für Rassismus und Diskriminierung entsteht. Schülerinnen und Schüler sollen sich sicher fühlen. Rassistische Vorkommnisse sollen gemeldet werden können und angstfrei besprochen werden.

Was motiviert uns dazu?

Wir sind eine internationale Schule. Schülerinnen und Schüler und Lehrkräfte bringen die kulturelle Vielfalt der Gesellschaft zum Ausdruck und das ist gut so.

Zudem trägt die Schule den Namen Anne Frank, was eine ganz besondere Verpflichtung bedeutet. Werte wie Menschlichkeit, gegenseitiger Respekt, Toleranz, Solidarität und Verantwortungsbereitschaft gehören für uns zu einer guten Schulausbildung dazu, sind nicht verhandelbar und dürfen nicht verloren gehen.

Dies erfordert besonders in der heutigen Zeit, die wir als sehr polarisierend und zunehmend sozial gespalten wahrnehmen, immer wieder Anstrengungen im Schulalltag. So sehen wir den Titel und die Plakette, die wir erhalten haben, nicht als einen Preis oder eine Auszeichnung für bereits geleistete Arbeit an, sondern dies ist vielmehr unsere Selbstverpflichtung für die Gegenwart und die Zukunft. Wir übernehmen Verantwortung für das gute Klima an unserer Schule und für unser Umfeld.
Wir wollen nicht die Augen verschließen vor Missständen, vor Mobbing oder Ausgrenzung. Wir wollen das nicht an unserer Schule, wir wollen das nicht in unserer Stadt und nicht in unserem Land!

Auch die Ausgrenzung aufgrund der Religion, der sozialen Herkunft, des Geschlechts oder der sexuellen Orientierung sind Themen, mit denen wir uns beschäftigen werden. Es fängt oft im Kleinen an – wir fangen in unserer Schule an!

Es ist uns wichtig, die positiven Seiten zu unterstützen und die Schülerinnen und Schüler dazu zu ermutigen aktiv einzuschreiten, wenn sie Mobbing, Ausgrenzung oder Diskriminierung erkennen. Dazu haben wir im Schuljahr 2022/23 wieder eine Schülergruppe eingeführt, da die Arbeit im Zuge der Corona-Pandemie erschwert wurde. Diese Schülergruppe trifft sich in regelmäßigen Abständen mit Frau Gibba und spricht über Rassismus und andere Diskriminierungsformen. Zudem nahmen die Projektleiter (Filiz Gördesli und Said Moshref) im September am Landestreffen im Frankfurter Dom teil. Dort konnten wichtige Eindrücke und Erfahrungen anderer Projektleiterinnen und Projektleiter mitgenommen werden. Am Tag der offenen Tür im Dezember stellten mehrere Schülerinnen und Frau Gibba einen Informationsstand auf und traten so auch in aktiven Austausch mit Eltern.

Zu was verpflichtet sich eine Schule?

Wer sich zu den Zielen einer Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage bekennt, unterschreibt folgende Selbstverpflichtung:

  1. Ich werde mich dafür einsetzen, dass es zu einer zentralen Aufgabe meiner Schule wird, nachhaltige und langfristige Projekte, Aktivitäten und Initiativen zu entwickeln, um Diskriminierungen, insbesondere Rassismus, zu überwinden.
  2. Wenn an meiner Schule Gewalt geschieht, diskriminierende Äußerungen fallen oder diskriminierende Handlungen ausgeübt werden, wende ich mich dagegen und setze mich dafür ein, dass wir in einer offenen Auseinandersetzung mit diesem Problem gemeinsam Wege finden, zukünftig einander zu achten.
  3. Ich setze mich dafür ein, dass an meiner Schule einmal pro Jahr ein Projekt zum Thema Diskriminierungen durchgeführt wird, um langfristig gegen jegliche Form von Diskriminierung, insbesondere Rassismus, vorzugehen.

Filiz Gördesli und Said Moshref

Teilnahme am Projekt „Meet a Jew“

Am 23.06.2021 fand eine äußerst wichtige und interessante Begegnung für die Teilnehmer der Gruppe „Schule ohne Rassismus, Schule mit Courage“ statt. Das Projekt „Meet a Jew“ ermöglichte ein virtuelles Treffen, in welchem sich zwei jüdischen Mitbürgerinnen, die 19- jährige Rebecca und die 35-jährige Alexandra, Fragen zu vielen verschiedenen Aspekten des jüdischen Lebens stellten.

Diese Fragen bezogen sich auf die Familiengeschichte und die Herkunft beider Jüdinnen bis zum tagtäglichen Umgang mit ihrem Glauben. Außerdem kamen Themen wie der Umgang mit Vorurteilen und negativen Anlastungen zum Gespräch. Explizit der Aspekt des Antisemitismus sorgte für emotionale Momente, denn kaum einer von uns war das tatsächliche Ausmaß des Antisemitismus bewusst, welcher oftmals in der frühen Kindheit der beiden Frauen bereits zum Tragen kam. Erfahrungen wie zum Beispiel verbale Gewalt, welche sich grundsätzlich in verachtender Sprache breitmachte, aber auch physische Gewalterfahrungen wie zum Beispiel auf offener Straße bespuckt werden, wurden gemacht. Wegen dieser Negativerfahrungen verschwiegen die Beiden ihre jüdische Abstammung zum Teil. So etwas sollte niemals notwendig sein. Somit waren wir außerordentlich schockiert, welche teilweise schlimmen Dinge die beiden Teilnehmerinnen des Projekts erleben mussten, doch aufgrund des tiefsitzenden Schocks erzielten wir im Gesamten einen hohen Lerneffekt.

Doch das Treffen war nicht nur wutgeprägt. Im Gegenteil: Wir Teilnehmer lernten viel über die jüdische Kultur und die Geschichte des Judentums. Es war interessant zu erfahren, wie die jüdischen Mitbürgerinnen mit ihrer Herkunft umgehen und wie diese sie in der heutigen Zeit prägt. Insbesondere persönliche Erfahrungen beider Jüdinnen wurden in diesem Gespräch thematisiert und es wurden viele großartige Geschichten erzählt, über z.B. Familienzusammenführungen oder lustige Ereignisse. So gab es auch vieles, das nicht negativ behaftet war.
Ich persönlich denke, dass dies auch eine der Intentionen des Projekts ist. Jüdische Mitbürgerinnen und -bürger sollten nicht für Geschehnisse und Vergangenes negativ gebrandmarkt werden. Aber gibt es auch viele positive Erfahrungen im Leben eines jüdischen Menschen. Zudem empfand ich das Treffen und die Atmosphäre als locker und zwanglos. Es herrschte eine entspannte Atmosphäre, was uns Schülerinnen und Schülern zweifelsfrei entgegenkam.

Ich finde, solche persönlichen Kontakte könnte man vermehrt auch in den Unterricht einbeziehen, denn ich bin der Meinung, es gibt durchaus eine Vielzahl an geschichtlichen Thematiken, welche mit persönlichen Eindrücken verknüpft werden könnten. Ich denke, das Interesse von uns Lernenden an Neuem könnte durchaus für einen höheren Lerneffekt genutzt werden. Insbesondere die Themen rund ums Judentum enthalten viele persönliche Geschichten, die erzählt werden können. Mit dem Projekt „Meet a Jew“ geben wir diesen Geschichten den Raum und die Möglichkeit, erzählt zu werden.

Lisa Schostak, 10.1